Galizien-Asturien-Biscaya-Frankreich mit Crew #3
Angekommen in Frankreich, schon vor ein paar Tagen. Die dritte Crew ist von Bord, also Zeit für ein Resümee zu den gut zwei Wochen mit Roswitha und Klaus. So recht weiß ich nicht, wo ich anfangen soll, vielleicht bei den Segeltagen mit den vielen Delphinen vor Galizien und Asturien? Bei den kleinen spanischen Orten mit den feiernden Menschen. Bei den kleinen Häfen in Asturien wo nur selten Segeltouristen hinkommen und die Liegeplätze recht rustikal sind? Bei der aufgrund des Wetters leicht vorgezogenen und auch etwas längeren „kleinen Biscayaquerung“, wo wir mit 155 Seemeilen in 24 Stunden einen neuen „Fleetwood Bestwert“ gesegelt sind oder bei den beiden besuchten französischen Inseln und dem bezaubernden La Rochelle.
In La Rochelle liege ich an einem Steg mit klassischen Yachten, bin alleine an Bord, habe in den letzten Tagen drei Maschinen Wäsche gewaschen, die defekte Lenzpumpe getauscht und ganz viel Klarlack aufs Holz gebracht. Das hatte ich im Winter nicht geschafft, wollte es in Spanien machen, war aber zu warm und sonnig und nun in La Rochelle ist das Wetter dafür perfekt. Allerdings nur jeweils zwischen 09:30 und 11:30, danach auch hier zu viel Sonne, davor zu viel Tau…bummeln und träumen sind beim Lackieren nicht möglich, der Lack zieht schneller an als er Läufer bilden kann; die Holzbooteigener wissen was ich meine…
Hier habe ich Kontakte geknüpft, zu den Eignern der Nachbarboote, bin eingeladen gewesen auf Saltaire von 1898 an einer Parade aller dem Musée Maritime angeschlossenen klassischen Yachten. Die Parade ist Abschluss der am Vortag beendeten Regatta von Camaret-Sur Mer bei Brest nach La Rochelle, wir wurden irrtümlicherweise im Zieldurchgang gezeitet, ohne dass wir es gemerkt haben.
Seglerisches Fazit der gut zwei Wochen: 9 Häfen, 455,1 Seemeilen, 30h25´ Motoranteil was unter Berücksichtigung der Hafenmanöver in etwa 110 Seemeilen ausmacht.
Aber nun doch der Reihe nach, natürlich nur für die, die noch weiter lesen möchten und sich auch für die Details interessieren:
A Coruña
Bedeutet für mich erstmal Abschied nehmen von dieser freundlichen Stadt und den feiernden Menschen. Immerhin bin ich sechs Wochen hier und in der Umgebung gewesen und kenne mich jetzt ein wenig aus. Hier möchte ich gerne noch mal hin. Die Verhandlung des Hafengelds ist dann spannend. Die deutsche Hafenmeisterin Sylvia rechnet am Ende den günstigen Monatspreis für die 24 Nächte, obwohl ich zwischendurch immer mal weg war. Hier muss man erst bezahlen, wenn man endgültig fährt…
Wir fahren in einem Schlag nach Vivero, wo Roswitha & Klaus, wie ich auch bereits vorher zwei Mal, zum 355 Meter hohen Mirador de San Roque wandern. Ich schlendere derweil durch die Stadt, wo ein mittelalterlicher Markt mit Musik und bester Stimmung zum Verweilen einlädt. Für Abends haben wir bei Don Pedro eine Mixed Paella bestellt, unnachahmlich lecker. Das Hallo ist groß als der Wirt mich von meinen vorherigen Besuchen wieder erkennt und ich dann auch noch zum Besten gebe, dass ich ihm und seinem Lokal 5 Sterne bei Google gegeben habe. Da ist die Extra Runde vom selbstgebrannten Orujo de Hiervas (galizischer Schnaps von Kräutern) gesichert. Verdammt lecker das Zeug!
Der nächste Tag bringt uns nach Ribadeo, ein ganz wunderbarer Ort. Super Marina, sehr gute sanitäre Anlagen, freundliche Hafenmeister. Übrigens wir man im Allgemeinen empfangen und eingewiesen, wenn nötig hilft der Hafenmeister dann auch noch beim Anlegen.
In Ribadero wird zufälligerweise an diesem Wochenende das „Festival de Habaneras“ gefeiert. Das sind die im 19.Jahrhundert nach Lateinamerika, insbesondere Kuba ausgewanderten Ortseinwohner die dort viel Geld verdient hatten von dem dann die zurück gebliebenen viele schöne Häuser gebaut haben. Brauch war es auch, dass selbst zurück gekommene eine Palme im Topf mitbrachten die heute in respektablen Größen die Gärten und Parks zieren. Abend spielt eine kubanische Band, deren Liedsänger Eliades Ochoa ist, der letzte Lebende aus der „Buena Vista Social Club“ Besetzung.
Ribadero ist der letzte Ort in Galizien, auf der anderen Flussuferseite beginnt Asturien.
In Luarca, 28 Seemeilen weiter, fangen wir am nächsten Tag erstmals ernsthaft an den weiteren Reiseverlauf zu planen, schließlich fährt Ende kommender Woche der gebuchte Zug für Roswitha & Klaus von La Rochelle nach Paris. Die beiden sind unermüdlich im Lesen der diversen Reiseführer. Auch mit Hilfe des Imray Küstenhandbuchs für die „South Biscaya“ werden die interessantesten Ziele identifiziert. Das Liegen in dem reinen Fischerhafen ist extrem rustikal. Der innere Hafen ist den Fischern vorbehalten. Für Gäste gibt es im äußeren Teil fünf Mooringe hinter der gewaltigen Mole. Das Besondere ist, das an der Mole jeweils an Schienen befestigte Schwimmkörper angebaut sind an denen man dann die andere Seite festmacht. Dazu muss das Beiboot und eine lange Leine, am besten Schwimmleine, klar sein. Ist bei uns natürlich nicht. Am Beiboot fehlen die Paddel, die Leine ist im Heck, richtig lang und verhakt zwischen den Strandschirmen und anderen interessanten Dingen die alle ins Heck geschoben sind. Naja, final sind wir natürlich fest und fahren mit dem Dinghi zu einer Besichtigung in den Ort. Direkten Landzugang gibt es nicht, auch keine sanitären Anlagen, aber auch kein Hafengeld.
Es geht weiter nach Cudillero, bei www.spain.info heißt es: „Cudillero ist ein malerischer kleiner Fischerhafen zu Füßen eines Berges. Bemerkenswert sind seine hängenden Häuser mit bunten Dachtraufen und Fenstern, die sich an einem Klippenbogen rund um den Hafen befinden. Der Ort verfügt über eine Route zu verschiedenen Aussichtspunkten, von denen der Leuchtturm, La Garita, La Atalaya oder El Pico besonders bemerkenswert sind. Die beiden wichtigsten Bauten sind die gotische Pfarrkirche aus dem 16. Jahrhundert, in der man barocke Schnitzwerke bewundern kann und die Humilladero-Kapelle, die das älteste Gebäude im Ort ist. Die Fischertavernen, die an einem gepflasterten kleinen Platz am Meer liegen, sind die Hauptattraktion für Touristen.“ Und Touristen gibt es hier viele, allerdings hauptsächlich spanische. Apropo Liegeplätze, es gibt zwei Gastplätze am Schwimmsteg an der Innenseite der Mole. Beide belegt….für weitere Gäste gibt es Moorings mit Bug-und Heckleine dran. Muss sein, weil man ja sonst mit der Gezeitenströmung und möglicherweise Windeinfluss unkontrolliert im Hafen schwojen würde. Die erste Mooring die wir bekommen ist allerdings leicht defekt, hat nur eine Leine dran. Inzwischen treiben wir auf eine weitere und die ist dann komplett. Landgang wieder nur per Dinghi!
Weiter geht es knapp 29 sm nach Gijon. In Gijon treffen wir Mareike, die Tochter von Bekannten aus unserem Stadtteil Hasseldieksdamm. Mareike lebt seit 10 Jahren in Spanien und ist geade von Madrid nach Gijon umgezogen: angenehmeres Klima, eklatant niedrigere Mieten. Mareike führt uns durch die kleine Altstadt zu einem angesagten Restaurant. Hier gibt es den spanischen Cidre der durch treffsicheres eingießen aus maximaler Armhöhe ins Glas erst seine richtige Spritzigkeit entfaltet. Das muss dann aber auch auf Ex getrunken werden, weil er sonst zu schnell verschalt. Es gibt auch immer nur eine gut auf Ex trinkbare Menge, dann kommt der nächste dran und so geht es immer in die Runde….wenn man nicht aufpasst bis zur vollständigen Trunkenheit.
Uns beschäftigt neben der Menüauswahl und dem Cidre leider auch die weitere Reiseplanung. Auf der Bicaya braut sich ein nettes Tief zusammen. Wir haben die Chance mit guter Geschwindigkeit davor her zu segeln, vielleicht mal 20-25kn halber Wind bei zunehmender Welle. Für das segeln auf der Biscaya ist die Wellenvorhersage meines Erachtens annähernd so wichtig wie der Wind. Mit dem durchziehenden Tief sagt „Windy.com“ 3-4 Meter voraus, die wir von der Seite hätten. Im Zusammenhang mit dem Wind würden sich diese Wellen auch brechen. Keine Bedingungen für Fleetwood, schließlich geht es ja auf der französischen Seite den Festlandsockel hoch. Die Alternative wäre noch zwei Tage weiter nach Osten zu segeln und nach dem Tief mit der abnehmenden Dünung dann die 200 Seemeilen von Santander unter Motor zu fahren. Keine gute Idee. Eigentlich wollten wir ja auf dem Weg nach Santander auch noch zwei unbedingt empfohlene Fischerorte anlaufen. Na ja, manchmal setzt eben das Wetter die Eckpunkte, zumal Roswitha & Klaus in La Rochelle den gebuchten TGV am Freitag bekommen müssen! Die Entscheidung steht also.
Am nächsten Mittag brechen wir zur „kleinen Biscayaquerung“ zur Ile d´Oléron vor La Rochelle auf. 250 Seemeilen. Es wird ein toller Ritt, viele Delphine auf den ersten Meilen, blauer Himmel und zwei wunderbare Sonnenuntergänge vor den Wolken des langsam kommenden Tiefs. In St.-Dennis-d´Oléron laufen wir um 03:30 ohne Wartezeit vor dem Hafen ein. Warum ohne Wartezeit? St.-Dennis ist der erst Hafen für uns, der durch eine gebaute Barre vor dem Trockenfallen bei Niedrigwasser gesichert ist. Das bedeutet, das der Hafen nur angelaufen werden kann, wenn das Wasser hoch genug über der Barre steht. Wir kommen genau passend bei Hochwasser an. Das kann man sich ausrechnen und im „Reeds“ nachlesen. Apropos Navigation: davon werde ich in einem gesonderte Report zum Ende der Reise berichten. Aber nun ist auch genug gefachsimpelt…
Die Ile d´Oléron erwartet uns mit dem wunderbar geschützten Hafen St.-Dennis-d´Oléron. Wir legen zur Erholung einen Hafentag ein, leihen Fahrräder und erkunden die Insel. Hier ist richtig Tourismus angesagt, ein riesiger Campingplatz im Ort und auf der Atlantikseite ein feiner Sandstrand hinter einem breiten Dünenstreifen. In Saint George d´Oleron trinken wir französischen Cidre und essen Galette. Später noch ein Bad im Atlantik und der Tag ist perfekt. Nach Korsika ist die Île d'Oléron die zweitgrößte Insel des französischen Mutterlandes, fast doppelt so groß wie ihre Nachbarinsel ᅫle de R←. Über eine mautfreie Brücke bequem zu erreichen, ist die familienfreundliche Insel mit ihrem milden Klima bei Sommerurlaubern sehr beliebt.
Zur Ile-de-Rhe segeln wir am nächsten Tag, es sind nur 18 Seemeilen, heute kommen uns nur 2-3 Beaufort entgegen, dadurch passt die Segelzeit ziemlich genau zu den Hochwasserzeiten. Auf der Ile-de-Rhe ist der innere Hafen von St.-Martin-de-Rhe durch ein Tor vor dem Trockenfallen geschützt. Draußen liegen einige Wartemoorings und zur Öffnungszeit ist eine nette Reihe von Booten unterwegs nach drinnen. Dort ist erstmal Chaos, wie beim Bus, wenn die die reinwollen die die raus wollen erstmal ordentlich behindern. Wir fahren hinterher und dann doch noch mal raus, weil auch noch ein Ausflugsdampfer ablegt. Am Tor steht dann oben der Hafenmeister, spricht perfekt Englisch mit uns: „Länge, Breite, Tiefe? Wie viel Nächte?...“ ein Blick in die Liste: „Platz 101, weit hinten, der Schwimmschlengel an Bb.“ Perfekte Ansage! Fast alle anderen Boote liegen ganz vorne in Päckchen. Hat auch Vorteile, wenn das Boot nur gut drei Meter breit ist.
Auch hier feine Sandstrände, Dünen, Pinienwälder, Weinfelder, Salzgärten, mehr als 100 Kilometer Radwege, kleine Häfen, schneeweiße Häuschen, Leuchttürme, Forts und eine Zitadelle, Austern- und Muschelzucht, fangfrischer Fisch, alles da. Wir bleiben im Ort, der durch seine Ursprünglichkeit, die Hafenfront mit den vielen Restaurants und kleinen Gassen einen unglaublichen Charme ausstrahlt.
Wir bleiben nur eine Nacht und segeln am nächsten Tag innerhalb einer Hochwasserzeit die 12 Seemeilen nach La Rochelle. Hier wollte ich schon immer hin, schon als Kind hat mich der Name und die Geschichte der Eigenständigkeit der Stadt fasziniert. La Rochelle ist für Klaus und Roswitha das Ende der Segelreise. Wir verbringen aber vorher noch zwei Tage in der Stadt. Sightseeing. Es gibt mehr als genug zu sehen. Die Stadt ist im zweiten Weltkrieg weitestgehend unbeschadet geblieben. Der U-Bootbunker lag weit genug außerhalb der Stadt und zu Kriegsende hatte es zwischen dem deutschen Kommandeur und dem französischen Unterhändler ein Stillhalteabkommen gegeben. Diese „Konvention von La Rochelle“ führte dazu, dass Stadt- und Hafenanlagen nach der deutschen Kapitulation unversehrt übergeben werden konnten, während andere Atlantikstädte wie z. B. Royan noch im April 1945 kurz vor Kriegsende völlig zerstört wurden.
La Rochelle ist eine Stadt in die man sich verlieben kann. Kleine Gassen, Musik, Restaurants, Cafés, eine Markthalle und vieles mehr. Ich verbringe hier eine gute Woche, komme endlich dazu die im Winter zu kurz gekommenen Klarlackarbeiten am Naturholz zu erledigen. Außerdem eine Woche Französisch Intensivkurs damit in den kommenden Wochen das Bestellen im Restaurant auch klappt.
Davon und vom Besuch bei unseren Freunden in Riantec bei Lorient und Saint Malo dann im nächsten Bericht von Bord. Ab Lorient ist dann mit meiner Familie Crew #4 an Bord.
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