La-Rochelle bis Lorient - Alleine an Bord

Warum schreibe ich schon wieder? Wollte doch eigentlich erst nach dem Familienurlaub wieder literarisch werden….

Nun: La Rochelle hat mich so beeindruckt, dass ich zu den paar Sätzen im letzten Bericht noch so viele zusätzliche Gedanken habe, die muss ich die einfach aufs Papier bringen!

La Rochelle. Eine Stadt in die man sich verlieben kann

Die Stadt ist im zweiten Weltkrieg weitestgehend unbeschadet geblieben ist.
Der U-Bootbunker lag weit genug außerhalb der Stadt und zu Kriegsende hatte es zwischen dem deutschen Kommandeur und dem französischen Unterhändler ein Stillhalteabkommen gegeben. Diese „Konvention von La Rochelle“ führte dazu, dass Stadt- und Hafenanlagen nach der deutschen Kapitulation unversehrt übergeben werden konnten.

Diese Geschichte kann man wunderbar mit einem Besuch des Stadtbunkers nachvollziehen. Die Deutschen hatten für ihre Offiziere mitten in der Stadt zunächst ein Hotel abreißen lassen, darunter einen Bunker gebaut und dann das Hotel wieder oben drauf gestellt. Dieser Bunker ist komplett erhalten und heute als Bunkermuseum zu besichtigen. Eindrucksvolle Zeitdokumente und nachgestellte Szenen machen die Geschichte erlebbar. Schwerpunkte sind auch der französische Widerstand und das Drama des U-Bootkrieg. 30 Tage war die durchschnittliche Überlebenszeit eines U-Boot Soldaten.

Unweit davon liegt die Markthalle, hier wird allerlei Kulinarisches verkauft, in den umliegenden Gassen samstags auch noch alles Mögliche anderes. Ich muss an Kommissar Dupin denken, der in all seinen Einsatzorten zunächst mal einen Petit Café braucht, aber dann irgendwann auch einen Käsestand aufsucht. Ich kaufe hier auch ein, die kleinen Stücke, muss aufpassen, dass ich das auch aufessen kann. Beeindruckend auch die große Mixed Paella Pfanne aus der für 10€ jeweils eine Portion verkauft wird. Mixed Paella heißt Hähnchen und Meeresfrüchte. Hatten wir ja in Vivero in Spanien mehrfach.

Das bestellen im Restaurant klappt übrigens nach der einen Woche Intensivkurs ganz gut. Französisch ist ja nicht so einfach, wenn man nach der Schule nichts mehr davon wissen wollte und erst mit 58 wieder damit anfängt. Der Kurs hier ist nun für eine Woche, 60 Neue an diesem Montag, es wird mit jedem am ein kurzes Interview zur Einstufung geführt. Wir sind dann 9 in der Gruppe, 6 nur bedingt motivierte Jugendliche und  3 Erwachsene, davon eine Mutter deren Tochter eine „Etage tiefer sitzt“. Also: ich werde wieder einen Intensivkurs als Bildungsurlaub machen, dann aber nicht in den Schulferien. Dennoch, alle Achtung wie der Chef Tom seine groß0e Sprachschule mit Elan und Esprit führt und für alle das richtige Packet schnürt. Großartig die beiden Nachmittagsveranstaltungen unter dem Motto „Atelier Culturel“ über „La Bretagne“ und „Les DROM-COM“ (Departements Regions Outre Mer – Commantés Outre Mer), die französischen Departements in Übersee berichtet und diskutiert wird. Ich kann zwar kaum folgen, habe aber dennoch viel gelernt!

Zurück in die Stadt, ich liege im Bassin des Yachts, hier kommt man nur nach vorheriger Anmeldung und Platzzuweisung rein. Dazu werde ich zunächst mal ausgefragt, wie lange ich den bleiben möchte und um was für ein Boot es sich handelt. Habe den Eindruck, dass das Stichwort „klassische Segelyacht“ am Ende die Platzzuweisung zwischen den anderen Yachten des Segelclubs erheblich erleichtert. Die Hafenmeisterin spricht übrigens perfekt deutsch.

Nicht versäumen sollte man einen Gang entlang der unglaublichen Befestigungsanlagen zum Strand, baden sollte man aber nur bei Hochwasser, am besten auflaufend damit einen der „Abwärtssog“ nach Hochwasser nicht so verängstigt.

Außerdem den neuen Yachthafen besichtigen: „Marina les Minimes“ ist mit ca. 5000 Liegeplätzen einer der größten Yachthäfen der französischen Küste. Der Charme der Stadt ist hier allerdings nicht mehr zu spüren. Dafür ist ein Strand sofort daneben und es gibt ein unerschöpfliches Angebot an Service für alle denkbaren Fälle am Boot.

Was soll ich noch erzählen?...: der Bummel durch die Straßen; kann man an einem Tag gar nicht alles sehen, hier gibt es alles in kleinen Läden, vom spanischen Textilfilialisten, über eine Niederlassung von „Les Galeries Lafayette“ bis zu unendlich vielen kleinen und kleinsten Geschäften. Riesige Kaufhausbauten gibt es nicht, ist alles in die alte Bausubstanz integriert.

Ein Erlebnis auch die vielen Straßenmusiker, vom Chanson Sänger bis zur Bigband, das ganze Hafenumfeld ist quasi ein fortwährendes Konzert. Die Restaurants füllen sich mittags und das geht dann bis in den Abend. Zugegeben, an der Westseite des Hafens sehr touristisch orientiert, aber wenn man ein paar Tage bleibt hat man schnell raus, wo es die Einheimischen hinzieht.

Der letzte Abend mit französischen Chansons und den mitsingenden Franzosen, Alt und Jung, alle kennen die Texte, vor den beleuchteten Hafentürmen und dem fast Vollmond werden lange in meiner Erinnerung bleiben.

Von La Rochelle nach Saint Louis bei Lorient

Der nächste Tag holt mich dann in die Realität zurück: Eigentlich wollte ich die 135 Seemeilen nach Saint Louis in drei bis vier kleineren Etappen segeln, aber das Wetter spielt da nicht mit.
Am Sonntag NW 3 Bft, Montag ab Vormittag SW zunehmend 5-6 Bft., Dienstag W 5, Mittwoch West bis NW  7, Donnerstag NW-N 3 ab Mittag. Dazu ab Dienstagnachmittag immer wieder Schauer.

Keine Wahl für mich, der Kurs ist WNW, also nur am Sonntag Wind und Welle zum Kreuzen, dann am Montag Aussicht auf eine passende Windrichtung und zumindest bis Mittag gute Bedingungen.
Ich bin alleine, ist nicht das erste Mal, dass ich eine Nacht alleine durchsegle, und dennoch ist das immer wieder etwas Besonderes.
Auslaufen ist durch die Hochwasserzeit und Öffnung des Hafentors auf 13:30 festgelegt und es geht in den Nachmittag gleich mit einem Reff im Groß. Es gibt hier jeden Nachmittag thermisch und lokal bedingt noch mal ein wenig mehr Wind als Windfinder anzeigt. Dennoch wird es bis Höhe Les Sables d´Olonne eine schöne Kreuz. Aus 32  sm werden 45 bis dann Spätabends endlich der Wind auf SW dreht. Nächsten Mittag, habe ich ausgerechnet, bin ich auf Höhe Belle Ile, 30 sm vor Lorient, und kann dann weiter entscheiden. Bis hier ist die Welt, sprich das Meer, dann auch noch ganz in Ordnung. Die Sonne scheint und die Welle ist mit zwei Metern und wenig Schaumkämmen okay. Ich schaue noch mal das Wetter an und entscheide mich die 17 Seemeilen bis zur Ile de Groix noch weiter zu fahren, am nächsten Tag wird es nicht besser.
Was dann kommt ist für mich dann aber doch eine signifikant neue Erfahrung: Welle 3-4 m, massiv Schaumkämme. Besegelung ist inzwischen nur noch Fock und Besan. Die stärkste gemessene Böe 43 kn. Verdammt nass das Ganze, hatte gerade noch rechtzeitig das Steckschott reingemacht, aber das Skylight überm Salon und das Vorschiffluk sind dafür nicht gut genug verschlossen. Kommt dann doch ein bisschen Wasser rein und ich bin häufiger unten um die Tropfen von den Polstern zu entfernen.

Gut das ich einen funktionierenden Autopilot habe, der Raymarine Ev-100 macht einen richtig guten Job, das Boot ist so gut ausgetrimmt, dass es sich von Hand mit zwei Fingern steuern lässt und damit ist natürlich die zulässige Arbeitslast vom Autopilot auch auf der sicheren Seite. Nur die letzte Stunde steuere ich selber, weil den Autopiloten die brechenden Schaumkämme wenig interessieren, Die knallen dann von Zeit zu Zeit gegen die Bordwand und das Spritzwasser schießt dann einfach quer übers Kajutdach. Von Hand kann ich das ein wenig reduzieren.

Um 14:30 komme ich dann langsam in Lee der Insel und um 15:30 bin ich an zwei Moorings im Vorhafen fest. Die teile ich mir mit einem anderen Boot. Am nächsten Tag kann ich dann in den vorderen Teil des inneren Hafens verlegen. Der hintere Teil ist nur bei Hochwasser über einen dann unter Wasser befindliche Wand zu erreichen.

Die Ile de Groix ist bei Tagesgästen aus Lorient offensichtlich ein sehr beliebtes Ziel. Am Hafen reihen sich 4 Fahrradverleihgeschäfte aneinander. Alle 75 min kommt und geht eine Fähre. Die Insel ist aber auch wirklich sehr schön. Nachdem ich von der Nachtfahrt ausgeschlafen bin hole auch ich mein Rad raus und mache mich auf Erkundungsfahrt. Es lohnt sich! Derweil tobt draußen ein richtiger Sturm, gute das dem mit meinem Nachteinsatz ausgewichen bin. Highlight des Tages ist ein Thunfischkutter der seinen Fang direkt verkauft. 10€ das Kilo! Aber nur im Ganzen. Zu groß für mich alleine. Aber mein netter französischer Liegeplatznachbar hat einen ganzen gekauft, natürlich viel zu groß für ihn und seine Frau und so bekomme ich eine Scheibe geschenkt.
Ich wusste gar nicht wie unglaublich lecker frischer roter Thunfisch ist.

Der Donnerstag bringt mich dann nachmittags nach Port Louis wo unserer Freund Yannick auf der Bastion steht und zur Begrüßung Leuchtfackeln abbrennen will. Welche Ehre! Klappt aber nicht, weil zufälligerweise eine Polizeistreife vorbei kommt und das Abbrennen von Feuerwerk anlässlich der Ankunft von Fleetwood natürlich nicht erlaubt ist….die Begrüßung ist dennoch herzlich!

Ab Sonntag ist dann 3 Wochen Familienurlaub angesagt, was dann Thema im nächsten Bericht von Bord wird! Wir wollen zu den Glenans, hier und da hin und dann um die Bretagne nach Saint Malo segeln, wo die Rückreisecrew einsteigt.

Stadtplan2
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Zwischen den beiden Türmen war früher eine absenkbare Kette an der Hafeneinfahrt ge- spannt die ungewollte Zufahrt verhinderte. Am linken Turm ist seit unbeabsichtigt explodiertem Munitionslager hat die obere Etage “weg”, die wurde einfach nicht wieder aufgebaut.

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letzter Abend: Chancons am Hafen
(kleines Video auf U-Tube)

Das Maritime Museum mit Bernhard Moitessier´s “Joshua” und Gérad Janichon´s Damien.
Die Franzosen lieben ihre Segellegenden....!

Kursaufzeichnung 30-07-23
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In Böen bis zu 43kn Wind machen die letzten 25 Meilen zum nassen Ritt

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Ile de Groix: roter Thuna vom Kutter. Mein französischer Nachbar hat mir eine Scheibe geschenkt

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