Cherbourg bis Roscoff
Am 16.05.23 kommt in Cherbourg mit Wolfgang unser dritter Mann für die Biscaya Querung an Bord. Wir begrüßen ihn mit Antipasti, Baguette und einem französischem Bier an Bord und gehen abends dann Pizza essen. Unser Ziel für den nächsten Tag ist Roscoff, 118 sm von Cherbourg entfernt.
Als Zeit zum Ablegen habe ich 04:30 ausgerechnet. Allerdings weiß ich nach abends nicht mehr warum so früh. Als wir mit einem kleinen Rotweinschwips gemeinsam das Ganze noch mal überprüfen kommen wir zu einem anderen Ergebnis und freuen uns ohne weiteres Nachdenken über die nun moderate Zeit zum Ablegen um 09:30. Gut, schaffen wir nicht ganz, aber um 09:30 geht es mit moderaten Wind aus Nord mit Genua, Groß und Besan los. 4 Stunden später weiß ich dann, dass meine vorgesehene Abfahrtzeit doch richtig gewesen wäre. Dann sind wir nämlich in der Strömung nördlich Alderney, den Alderney Races. Fleetwood strebt mit 12 kn, bei 5 kn Fahrt durchs Wasser voran. Chaotische See, manchmal strudelnd, manchmal unverhofft 1,5 m hoch und brechend, manchmal annähernd spiegelglatt erwartet uns hier. Gut dass nicht mehr Wind ist und die Welle zusätzlich anspornt. Allerdings reicht der Wind auch nicht für ausreichend Kraft im Segel um mit Ruderdruck hier durchzukommen. Einerseits natürlich gut, weil sonst die See möglicherweise noch ungünstiger wäre, andererseits bleibt hier nichts anderes als den Motor anzuwerfen. Bei Abfahrt wie ursprünglich berechnet hätten wir Alderney bei „Ruhig Wasser“ zwischen zwei Tiden passiert und uns wäre dieses Strömungserlebnis entgangen, aber „Nobody is perfect“ und Tidennavigationsanfängerfehler passieren. Nun gut, die ersten 30 sm können wir schön segeln, der Rest bis Roscoff geht bei nachlassendem, später einschlafendem Wind unter Motor. Motorbetriebsstunden haben wir bisher reichlich….
Ich habe zwischendurch die „gute Wünsche Karten“ meiner Freunde bei mir im Vorschiff aufgehängt und freue mich jedes Mal darüber, wenn ich in meine Kammer gehe. Die geschenkten Sweeties sind irgendwie alle weg!
In Roscoff kommen wir um 05:45 an. Hier legen wir wieder einen Hafentag ein, Wetter checken, Diesel tanken, frische Lebensmittel einkaufen für die erwarteten 3 Tage der Biscaya Querung. Abends schön essen gehen im Restaurant am Hafen. Hier wird das Fleisch am offenen Feuer gegrillt, „Französisch“, ist meine Bezeichnung für die noch blutigere Variante von „Englisch“…,macht aber Eindruck und den Leuten schmeckt es. Wir essen was anderes. Ein kleines Problem haben wir, nämlich der Feiertag am 18.05., alle Geschäfte sind geschlossen. Eigentlich müssten wir am nächsten Morgen um 08:30 auslaufen, um bei Hochwasser durch den natürlichen Kanal zwischen Festland und Ile de Baz zu segeln, der bei Niedrigwasser für Fleetwood zu flach ist. Nun aber noch Einkaufen. Ich baue mein Fahrrad auf, bin um 08:30 am Supermarkt und wir legen dann um 09:30 ab. Geht noch!
Ein anderes kleines Problem habe ich am Feiertag noch zu lösen, nämlich ein leckender Ablassstopfen am Wasserabscheider im Kraftstoffsystem. Da hatte es bereits seit Tagen etwas Diesel raus geleckt. Den Stopfen reiße ich dann beim Versuch ihn etwas anzuziehen natürlich ab….zu blöd, so schnell habe ich selten den Dieselhahn zugehabt und meinen Finger auf dem Leck. Natürlich gibt es hier kein Ersatzteil, aber mit einigen Tricks gelingt es mir einen provisorischen Stopfen zu bauen. Schätze der wird bis Kiel halten.
Die Biscaya Querung nach Vivero
Unsere Biscaya Überquerung hat das Ziel Vivero, es sind 378sm, wir werden 63 Stunden unterwegs sein und den Motor nur zum Ab- und Anlegen benötigen. Vivero bedeutet 70sm weniger als La Coruna wo an der Spitze ein tagelang fest liegendes Feld 8 Bft. beschert, das wollen wir nicht. Vorhergesagt sind nördliche Winde Stärke 3-5, vielleicht mal 6 dabei. Bei Windfinder sind das einzelne 6er Felder die wir möglicherweise passieren, oder auch nicht. Es wird eine rauschende Fahrt. Nördlich von Ile d´Oussant koche ich: gebratener grüner Spargel, Hüftsteak mit Pilz-Gorgonzola Sauce, frische Nudeln. Eine Herausforderung, aber macht auch Spaß. Die Crew dankt es mit großer Anerkennung. Am zweiten Tag gibt es Eintopf mit viel frischem Gemüse. Essen geht auf dem rollenden Boot nur aus Schüsseln. Wir passieren Ile d´Oussant um 19:00, von hier an haben wir Kurs 200° für ca. 330 sm. Um 21:00 sehen wir unsere ersten Delphine, was für ein Erlebnis! Darauf habe ich mich die 5 Jahre Vorbereitungszeit gefreut. Wir werden noch mehrere Male Delphinschulen um uns herum haben. Am schönsten ist es bei strahlend blauem Himmel am nächsten Tag. Wir erleben auch eine für uns biologische Sensation, über Stunden hinweg fahren wir durch ein Feld von Millionen spanischer Galeeren. Manchmal berühren die sich und in der Nacht sind diese Berührungen als Blitze zu sehen. Vorher nimmt allerdings der Wind auf Nord 6-7 zu und es ist die 70sm bis zum Festlandsockel recht unruhig. Erst als wir uns über 4000m Wassertiefe bewegen wird die Welle angenehm lang. Nach zwei Reffs verschwindet das Großsegel um 23:30 für die Nacht. Am nächsten Tag setzen wir es vormittags noch mal, aber ab Mittag segeln wir nur noch mit Genua. Tatsächlich messen wir vor dem Wind maximal 31kn Windgeschwindigkeit. Das sind 8 Bft. Dennoch ein tolles Erlebnis, es herrscht überwiegend Sonnenschein, die See ist rauschend und bricht bei zu 4-5m hohen Wellen. Oft denke ich, der nächste brechende Kamm müsste doch mal von hinten ins Cockpit einsteigen, aber Fleetwood´s Heck erhebt sich immer wie von Zauberhand über den Schaum hinweg. Maximal etwas Spritzwasser landet im Cockpit und wir fühlen uns sicher. Kurz vor dem Einlaufen in Vivero überkommen mich Bedenken, ob wir bei dem achterlichen Wind wirklich in die nach Norden offene Ria von Vivero einlaufen sollen. Wir haben kurz nach Mitternacht immer noch ordentlich Welle von 2-3m Höhe. Gut, das wir nicht sehen, was wir rechts und links neben der Ria an Brandung hören. Die Überraschung ist dann, dass sich die Welle zwischen den verschiedenen Landzungen der Bucht schnell ausläuft. Uns erwartet ein schöner ruhiger Hafen, kann man sich kaum vorstellen, dass es draußen so weht. Insgesamt war es eine sehr gute Entscheidung loszufahren, trotz der nördlichen Winde und dem damit zu erwartendem Rollen während der Überfahrt. Die nächsten Tage ist noch mehr Wind angesagt...
Wir bleiben mehrere Tage in Vivero, lernen Bernd und Regina aus Flensburg kennen, die mit ihrer Marretje bereits fast ein Jahr unterwegs sind. Davon dann mehr im nächsten Bericht von Bord.
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